Videokunst von Jennifer Merlyn Scherler (Eintritt frei)


Im Klibühni Videofenster zeigt videokunst.ch die Werke diverser Kunstschaffenden

Jennifer Merlyn Scherler, «Nomads In Remembering», 2020, 8:29 min.

Vernissage am Freitag, 13. Januar. Ausstellung bis am 25. Februar

 

Wir freuen uns ausserordentlich die Videoarbeit «Nomads In Remembering» von Jennifer Merlyn Scherler aus dem Jahr 2020 zu präsentieren.

 

Jennifer Merlyn Scherler schafft multimediale Installationen, filmische Werke und verbindet in Lecture-Performances akademisch-theoretische Präsentation mit künstlerischen Recherchen und poetischer Sprachverwendung. Scherlers Werke kreisen um die Identifikation von Machtstrukturen und Formen der Unterdrückung im digitalen und physischen Raum. Gleichsam interessiert sich Scherler für das Gemeinschaftliche, wie Zugehörigkeit entsteht und welchen Rolle die Selbstidentifikation spielt. So thematisiert Scherler die kreativen Strategien der Aneignung und Überwindung von struktureller Ausgrenzung, die von marginalisierten Gruppierungen immer wieder aufs Neue entwickelt werden. Die Auseinandersetzung mit popkulturellen Phänomenen, gender- und diversitätssensible Themen und die konstante Reflexion der eigenen Position in der Welt machen Jennifer Merlyn Scherler zu einer wichtigen Stimme der jungen zeitgenössischen Kunst, die uns als Besuchende zu einem kritischen und unvoreingenommenen Blick auf die Welt und ihre tradierten Strukturen motiviert und inspiriert.

 

In «Nomads In Remembering» führt Jennifer Merlyn Scherler uns in die Vergangenheit und verwebt geträumte, erzählte und gelernte Erinnerungen zu einer poetischen Annäherung an die eigene Geschichte. Scherlers Grossmutter floh während des Zweiten Weltkriegs aus Polen in die Schweiz. Beim ersten Aufenthalt in Polen hat Scherler Film- und Tonaufnahmen angefertigt, die als Grundlage für die Arbeit dienten. Der von Scherler gesprochene Text beschreibt im ersten Teil geträumte und assoziierte Erinnerungen und wendet sich im zweiten Teil direkt an die geflüchtete Grossmutter. «Nomads In Remembering» verbleibt aber nicht im biographischen, sondern eröffnet eine Diskussion über intergenerationale Traumata und unseren Umgang mit Erinnerung. Die Vertreibung fand während des Zweiten Weltkriegs statt und es gibt zunehmend weniger Zeitzeug:innen dieser Ereignisse. Gleichsam werden durch die momentanen kriegerischen Auseinandersetzungen laufend Familien auseinandergerissen, Menschen traumatisiert und neue Probleme und Spannungen gewaltsam erschaffen, die willentlich oder unwillentlich weitergegeben werden und somit kommende Generationen prägen. Jennifer Merlyn Scherlers Blick zurück resultiert deshalb nicht in einem historisierenden, sondern einem hochaktuellen und zukunftsweisenden Kunstwerk.

 

Jennifer Merlyn Scherler (*1996) lebt und arbeitet in Basel und schloss 2021 den Studiengang Freie Kunst am Institut Kunst der Fachhochschule Nordwestschweiz in Basel mit Auszeichnung ab. Scherlers Werke und Performances werden regelmässig in Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt, u. a. 2022 im Grand Palais Bern, an der Cantonale Berne Jura, im Kunstmuseum Basel, in der Fondation Beyeler und im Kunsthaus Langenthal, 2021 im rondell Süderstrasse in Hamburg, im Kunsthaus Baselland und im Studio 413 in Glasgow. Scherler wurde mit dem Pax Art Award emerging media artist und dem Cristina Spoerri Preis ausgezeichnet und nahm an Residencies in Locarno, Berlin und Zürich teil.